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Historie des Bürstenmacherwesens

Ich mach bürstn klein undt groß
Daß jeder schmutz geht leichter los,
Der schmutz am körper undt im haus.
Wer aber bürst sich inen aus
Den schmutz, der andtern nicht gefällt?
Niemandt. So ist es auff der welt. (um 1750)

Die Anfänge

Die Ursprünge des Bürstenmachergewerbes verlieren sich im Nebel der Geschichte. Das Patent auf Bürsten gebührt wahrscheinlich einem  findigen Kopf im alten Ägypten, dessen Namen man nie erfahren wird. Zumindest sind Bürsten als Gebrauchsgegenstände im Pharaonenreich historisch verbürgt. Verbreitung im europäischen Raum fanden Bürsten vermutlich erst durch die Eroberungszüge der Römer. Diese expandierten im Süden entlang des Mittelmeers bis nach Ägypten und assimilierten die Kultur der unterlegenen Völker.  In der Folgezeit setzte sich die Bürste  als äußerst nützlicher Haushaltsgegenstand im gesamten Gebiet des römischen Weltreiches durch und gelangte somit auch bis in die Regionen des heutigen Deutschlands.   

Mit Beginn des „finsteren“ Mittelalters nach der Zerstörung des Römerreiches durch die „barbarischen“ Germanen um 500 u. Z. verliert sich zunächst die Spur der Bürsten aus Mangel an Zeugnissen aus dieser Zeit. Eine  schriftliche Erwähnung findet man erst wieder im ersten deutschen Gesetzbuch, dem Sachsenspiegel von 1220. (Erstes Buch, Art. 24, § 3) Beim Thema Erbschaftsregelung für den Fall des Ablebens eines Ehemannes spricht der Gesetzestext der Witwe verschiedene Haushaltsgegenstände zu, so auch Bürsten. Dies dürfte Beleg dafür sein, dass man den Wert einer Bürste schon damals zu schätzen wusste, weshalb zur Vermeidung „blutiger Bürstenkämpfe“ eine rechtliche Klärung der Eigentumsverhältnisse notwendig geworden war.  

Um 1500 beweisen häufige Erwähnungen in diversen Handwerksbeschreibungen eine weite Verbreitung des Bürstengewerbes. Nach der Organisation in Zünften wurde die Bürstenmacherei bald auch als „geschenktes Gewerbe“ betitelt, da die reisenden Gesellen bei Ankunft in der Zunftstube mit einem Ehrentrunk willkommen geheißen und am Ende ihrer Arbeitstätigkeit mit Geschenken wie Bürsten und Besen entlohnt wurden, von deren Verkaufserlös sie sich auf der Wanderschaft versorgen konnten. Die Angaben zur Ausbildungsdauer schwanken je nach Region zwischen 3 und 6 Jahren.   

Die Blütezeit

Seine Blütezeit erlebte das Bürstenmacherhandwerk vom ausklingenden 18. Jahrhundert bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Veränderungen in der Landwirtschaft, (u. a. Fruchtfolgewirtschaft, Pflanzenzucht) bewirkten eine verbesserte Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln.  Diesem Umstand und nicht zuletzt dem medizinischen Fortschritt geschuldet, setzte in Europa ein Bevölkerungswachstum nie gekannten Ausmaßes ein. So stieg die Bevölkerung von 25 Mio. um 1800 auf 50 Mio. zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine nachteilige Begleiterscheinung der  Agrarrevolution war ein gravierender Arbeitsplatzmangel, der im damaligen Hauptwirtschaftszweig, der Landwirtschaft, nicht mehr abgedeckt werden konnte. Produzierten ursprünglich 4 Bauern, um einen Städter mitversorgen zu können, hatte sich dieses Verhältnis nun umgekehrt. Neue Erwerbszweige wurden gesucht. Bäuerliche Familien, welche schon immer handwerklich zur Selbstversorgung tätig waren, entdeckten nun in verschiedenen Regionen Deutschlands, so im Schwarzwald, das Bürstenmacherhandwerk als alternative Einkommensquelle

Notwendige Werkzeuge wurden angeschafft und kleine Werkstätten eingerichtet, in denen sämtliche Familienmitglieder bei der Herstellung der Bürsten mithelfen mussten. Mit dem wirtschaftlichen Wandel lockerte sich auch der seit dem Mittelalter bestehende Zunftzwang. Lehrzeiten, Gesellen- und Meisterprüfungen waren nun nicht mehr ein unbedingtes Erfordernis, um in diesem Gewerbe tätig sein zu dürfen. Vielmehr wurde das Wissen zu Arbeitstechniken und Materialien in der Familie im Arbeitsprozess weitergereicht. Die Anzahl der weiterhin in Zünften organisierten Handwerker erreichte ab dieser Zeit nicht mehr annähernd die Menge der in Heimarbeit Beschäftigten, welche immer häufiger von Verlegern und Fabrikanten für Zuarbeiten eingesetzt wurden. Arbeitsteilung hielt Einzug, die Bürstenhölzerfertigung entwickelte sich sogar zu einem eigenständigen Gewerbe. Eine von dem Mechaniker Anton Zahoransky 1901 entwickelte Stanzmaschine, die zur Befestigung der Borsten im Holz eine gekreuzte Drahtschlinge verwendet, sollte schließlich die maschinelle Bürstenfertigung und damit das Ende des Handwerks einleiten.

Der Vertrieb

Wie in vielen Gewerken war auch in der Büstenmacherei der Absatz von Produkten auf Bestellung eher die Ausnahme. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, die auf Verdacht produzierten Waren über kleine Händler, die Krämer, an den Kunden zu bringen, was wiederum die Zuordnung des Bürstengewerbes zu den „kramenden Handwerken“ erklärt. Noch heute erinnert der abwertende Begriff „Krämerseele“ an das „gnadenlose“ Feilschen der Händler um die Höhe der Verkaufspreise.  

Üblicherweise erfolgte der Vertrieb der Bürstenwaren weniger auf Märkten als vielmehr über Hausierer. Häufig war der Vater als Oberhaupt der Familie sowohl Handwerker als auch „Vertreter“ in einer Person. Nicht selten reiste er ein halbes Jahr durch die Lande, um klingelnder Weise seine Produkte an Haustüren anzupreisen. Die Bürsten trug er dabei aufgefädelt auf einem Ring oder in der Luxusversion, auf einem speziellen Rückengestell. Nicht selten wurden an verschiedenen Reisestationen Waren hinterlegt, welche nach erfolgreicher Verkaufstätigkeit das Sortiment des fliegenden Händlers wieder vervollständigten. Der sich bis in die Gegenwart überlieferte Spruch „Betteln und hausieren verboten“ lässt die Tücken dieser Tätigkeit erahnen. Gerade noch wohlwollend in einem Dorf begrüßt, konnte man im nächsten Dorf, evtl. durch ortsansässige Handwerker, als Konkurrent mit Schimpf und Schande vertrieben werden. Ein dickes Fell war somit unerlässlich für diese Art des Broterwerbs. Mit der Einführung staatlicher Schutzzölle und Hausierpatente lief die Ära des Haussierens um 1900 aus. Kramläden übernahmen den Verkauf vor Ort.    

Das Ende

Einen letzten Aufschwung erlebte das Bürstenmacherhandwerk nach dem zweiten Weltkrieg verursacht durch den Mangel an Produkten jeglicher Art. Doch bereits zu Beginn der 50er Jahre kündigte das  aufkommende Wirtschaftswunder das Ende des Bürstenhandwerks an. Gegenüber der sich schnell entwickelnden Industrie, welche auf  preiswerte maschinelle Massenfertigung (Stanzbürsten) und die verstärkte Verarbeitung von Kunststoffen setzte, war die Handarbeit bei der Qualität, nicht jedoch bei den Verkaufspreisen konkurrenzfähig. Zahlreiche staatlich subventionierte Blindenwerkstätten für Bürstenherstellung sowie der sich erweiternde Warenvertrieb durch Groß- und Einzelhandel verdrängten viele Handwerksunternehmen vom Markt. Anfang der 80er Jahre verstärkte sich der Druck durch billig produzierte Bürstenwaren aus Ostasien, zunächst aus Taiwan und Südkorea, später aus Hong Kong und dem heute alles dominierenden China. Das Zusammenspiel all dieser für das Handwerk ungünstigen Gegebenheiten versetzte einer jahrhunderte alten Tradition den Todesstoß.        

Bis heute existieren nur noch wenige Handwerksbetriebe, die entsprechend dieser alten Traditionen produzieren und das Wissen über diese alte Handwerkskunst bewahren. Gefertigt wird  zumeist mit viel Idealismus am Rande der Existenz aber ungebrochen im Stolz und mit großer Freude an der Erschaffung kleiner Kunstwerke, fernab der Welt von Gewinnquoten und Börsennotierungen. Die Bedeutung dieser Lebensphilosophie wird man vielleicht erst erfassen, wenn das Bürstenmacherhandwerk irgendwann wieder im Nebel der Geschichte verschwunden ist, wenn man in einer vom Werteverfall geprägten Gesellschaft nach alten Traditionen suchen und sie nicht mehr finden wird.                            

 

Markttermine

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